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Seit dem weltweiten Ausbruch des Coronavirus machen sich viele Lieferanten Sorgen, ob sie ihre Verpflichtungen weiterhin erfüllen können. Zum Beispiel wegen gestoppter Zulieferungen oder Schwierigkeiten in der Logistik. Nicht immer ist klar, welche (Rechts-)Folgen damit verbunden sind. Für Lieferanten ist in jedem Fall wichtig, zu prüfen, inwieweit bereits eingegangene Verpflichtungen erfüllt werden können. Ist zu befürchten, dass dies nicht möglich ist, kann das Risiko für (eine Haftung für) Schäden durch folgende Schritte begrenzt werden:

1. Alternative Wege zur Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen prüfen

Überlegen Sie, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um die Nichterfüllung Ihrer Verpflichtungen zu verhindern oder zu begrenzen. Vielleicht können Sie mit Ihrem/Ihren Vertragspartner/n alternative Vereinbarungen treffen, etwa über die Aussetzung oder sogar den Erlass bestimmter Verpflichtungen. Auch über die Verteilung etwaiger zusätzlicher Kosten können Vereinbarungen getroffen werden.

Gelingt die Vereinbarung alternativer/ergänzender Vereinbarungen, ist es sinnvoll, diese Vereinbarungen schriftlich festzuhalten. Dadurch werden spätere Diskussionen verhindert.

2. Vertragliche „Force Majeure“-Klauseln (Höhere Gewalt)

Falls die Erfüllung Ihrer Verpflichtungen (teilweise) unmöglich ist, können Sie sich möglicherweise auf höhere Gewalt, auch „Force Majeure“ genannt, berufen. Ob eine Berufung auf die gesetzliche Regelung zur höheren Gewalt möglich ist, ist stark situationsabhängig. Vertraglich kann die Möglichkeit der Berufung auf „Force Majeure“ weiter gefasst sein. Daher empfehlen wir Ihnen, zu prüfen, ob Ihre Verträge und/oder allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel zur höheren Gewalt enthalten, und welche Rechtsfolgen diese Klausel hat.

In einer solchen Klausel sind oftmals Ereignisse gelistet, die als höhere Gewalt gelten. Nicht immer ist klar, ob auch das Coronavirus unter höhere Gewalt fällt. Sind in der Klausel zur höheren Gewalt zum Beispiel Krankheit, Epidemien oder Quarantäne aufgeführt, wird das Coronavirus eher als höhere Gewalt gelten. Auch wenn in der Klausel zur höheren Gewalt staatliche Maßnahmen, Streik, plötzliche Einschränkungen der Infrastruktur oder Transportschwierigkeiten genannt sind, können Sie sich – unter Verweis auf die (staatlichen) Maßnahmen zur Eindämmung des Virus – wahrscheinlich auf höhere Gewalt berufen.

Bei erfolgreicher Berufung auf höhere Gewalt besteht die Möglichkeit, dass Sie (vorübergehend) von Ihren vertraglichen Verpflichtungen entbunden werden und andere Vertragsparteien keinen Schadenersatz von Ihnen fordern können. Die Rechtsfolge einer Berufung auf höhere Gewalt hängt zudem von den diesbezüglichen Vertragsbestimmungen ab.

Auf höhere Gewalt können Sie sich allerdings immer nur berufen, wenn die Erfüllung aufgrund der höheren Gewalt unmöglich geworden ist. Die alleinige Tatsache, dass die Lieferung wegen des Coronavirus schwieriger oder teurer geworden ist, rechtfertigt die Berufung auf höhere Gewalt meist nicht.

3. Vertragspartner frühzeitig informieren

Falls Sie Ihre Verpflichtungen nicht (fristgerecht) erfüllen können, müssen Sie Ihren Vertragspartner darüber in Kenntnis setzen. Wir empfehlen Ihnen, dies frühzeitig und proaktiv zu tun. Manchmal ist in Verträgen sogar eine Frist zur Benachrichtigung über das Eintreten höherer Gewalt aufgenommen. Ist diese Frist erst einmal verstrichen, können Sie sich nicht mehr auf die Klausel zu höherer Gewalt berufen. Wenn Sie proaktiv vorgehen, können Sie auf mehr Verständnis bei Ihrem Vertragspartner hoffen.

Nachfolgend ein Beispiel für eine Mitteilung an Abnehmer:

Lieber Kunde,

das Coronavirus verbreitet sich schnell und hat inzwischen auch die Wirtschaft erfasst. Der Krankenstand und die weltweit getroffenen (staatlichen) Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben große Auswirkungen für den Handel und haben Verzögerungen bei der Zulieferung zur Folge.

Wir möchten Sie hiermit darüber in Kenntnis setzen, dass wir aufgrund dieses Umstands höherer Gewalt möglicherweise nicht in der Lage sein werden, unsere Verpflichtungen aus dem Vertrag/den Verträgen mit Ihnen (fristgerecht) zu erfüllen. Natürlich werden wir alles in unserer Macht liegende tun, um unsere Verpflichtungen zu erfüllen.

Für weitere Auskünfte zum Status Ihrer Bestellung können Sie sich wenden an: [Name/Team/lokaler Vertreter].

Mit freundlichen Grüßen

4. Versicherungsdeckung für etwaigen Schaden prüfen

Falls ein Vertragspartner Anspruch auf Schadensersatz wegen verspäteter Lieferung/Übergabe erhebt, können Sie prüfen, ob der Schaden von Ihrer Versicherung gedeckt ist. Ist dies der Fall, kann der Schaden bei der Versicherung gemeldet werden. Entsteht aufgrund von Transportschwierigkeiten Schaden an Ihren Produkten, springt möglicherweise die Gütertransportversicherung ein. Obwohl das Coronavirus an sich keinen materiellen Schaden an Gütern verursacht, bietet eine Gütertransportversicherung manchmal auch Deckung für das Verderben von Gütern, etwa durch Transportverzögerungen.

5. Neue Verträge und allgemeine Geschäftsbedingungen „Corona-sicher“ machen

Über die genannten Maßnahmen zur Senkung Ihres Haftungs- und Schadensrisikos hinaus empfehlen wir Ihnen, in neue Verträge und/oder Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen eine geeignete Klausel zur höheren Gewalt aufzunehmen, die auf Ihre konkreten Betriebsaktivitäten abgestimmt ist. Wichtig ist, dass darin genau festgelegt ist, welche Umstände als höhere Gewalt auszulegen sind und welche Folgen ein Umstand höherer Gewalt für die Verpflichtungen der Parteien oder sogar für das Fortbestehen des Vertrags hat.

Weitere Informationen

Sie benötigen Unterstützung bei der Beurteilung oder Anpassung eines Vertrags und/oder Ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus oder haben andere Fragen zu diesem Thema? Dann wenden Sie sich an unser Team Geschäftliche Verträge. Unsere Mitarbeiter werden Ihnen gerne behilflich sein. 

16. April 2020