Verfahren in Deutschland

Wir können Ihre Interessen vor dem deutschen Gericht vertreten, wenn Sie als niederländische Partei eine deutsche Klageschrift oder eine andere deutsche Prozessunterlage erhalten haben oder wenn Sie selbst vor einem deutschen Gericht gegen Ihre deutsche Gegenpartei klagen wollen.

Im Folgenden finden Sie Informationen über die verschiedenen Verfahren in Deutschland, den Ablauf dieser Verfahren in Deutschland und praktische Fragen wie Kosten und Prozessvertretung.

Amtsgericht oder Landgericht

Ein erstinstanzliches Verfahren findet vor dem Landgericht oder dem Amtsgericht statt.

Das Amtsgericht ist am ehesten mit dem niederländischen Kantonrechter vergleichbar. Das Amtsgericht ist unter anderem für Rechtssachen mit einem Streitwert von bis zu 5.000 Euro sowie für Miet- und Familiensachen zuständig.

In allen anderen Rechtssachen ist das Landgericht zuständig. Das Landgericht besteht aus Abteilungen, die Kammern genannt werden. Es gibt eine allgemeine Zivilkammer und eine allgemeine Strafkammer. Innerhalb dieser Kammern gibt es spezielle Fachabteilungen, wie zum Beispiel die Kammer für Handelssachen.

Prozessvertretung und Vollmachten

In Verfahren vor dem Amtsgericht ist es nicht zwingend erforderlich, sich von einem deutschen Rechtsanwalt oder einer deutschen Rechtsanwältin vertreten zu lassen. Dies sollte aber unbedingt in Erwägung gezogen werden. Bei Verfahren vor dem Landgericht oder einer höheren Instanz besteht Anwaltszwang.

Kosten

Unsere Kanzlei arbeitet auf der Grundlage von Stundensätzen, die sich nach der Erfahrung der beauftragten Anwälte/-innen richten. Auch in Rechtsangelegenheiten nach deutschem Recht berechnen wir unser Honorar auf der Basis von Stundensätzen.

Ein deutscher Rechtsanwalt ist verpflichtet, in Verfahren vor deutschen Gerichten ein Mindesthonorar nach deutschem Recht (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) zu berechnen. Dieses Honorar hängt vom Streitwert des Falles, dem sog. Gegenstandswert, ab. Dies bedeutet, dass Sie verpflichtet sind, das Mindesthonorar zu zahlen, auch wenn unsere Rechnung auf der Grundlage unseres Stundensatzes niedriger ist als das gesetzlich vorgeschriebene Mindesthonorar. Wenn Sie in einem deutschen Verfahren zu 100 % erfolgreich sind, ist die Gegenpartei verpflichtet, Ihnen dieses gesetzliche Mindesthonorar zu erstatten. Die Gegenpartei ist nicht verpflichtet, Kosten auf der Grundlage unseres Stundensatzes zu erstatten, die das Mindesthonorar übersteigen. Das Gleiche gilt für Sie, wenn Sie den Prozess verlieren. Wenn Sie in einem arbeitsintensiven Fall prozessieren, in dem die Erfolgsaussichten begrenzt sind, bedeutet dies für Sie ein Risiko.

Die Höhe der Gerichtsgebühren hängt auch vom Streitwert des Falles ab. Wenn Sie nach der Hälfte des Verfahrens einen Vergleich schließen, brauchen Sie – anders als in den Niederlanden – nur einen Teil der Gerichtsgebühren zu zahlen.

Wenn Sie für die Prozesskostenhilfe versichert sind, ist es ratsam zu prüfen, ob die Kosten eines Verfahrens in Deutschland gedeckt sind.

Verfahren in Deutschland

Ein normales Verfahren vor einem deutschen Gericht, ein sog. Klageverfahren, wird mit einer Klageschrift eingeleitet. In Form und Aufbau unterscheidet sich eine deutsche Klageschrift stark von einer niederländischen dagvaarding. Die deutsche Klageschrift beginnt mit der/den Forderung(en), gefolgt von deren sachlicher und rechtlicher Begründung. In den Niederlanden ist es genau andersherum.

Der Kläger muss danach die Gerichtsgebühren bezahlen. Wir regeln die Zahlung der Gerichtsgebühren für Sie.

Das Gericht sorgt für die Zustellung der Klageschrift. In den Niederlanden regelt der Kläger dies selbst.

ie gegnerische Partei kann sich in einer Klageerwiderung verteidigen und eventuell eine Widerklage einreichen.

Das deutsche Gericht entscheidet über die Fortsetzung des Verfahrens. Das Gericht kann die Parteien beispielsweise auffordern, einen weiteren Schriftsatz einzureichen, es kann aber auch umgehend eine mündliche Verhandlung anberaumen. Anders als in den Niederlanden können die Parteien keine Verhinderungsdaten für die mündliche Verhandlung angeben.

Die deutschen Richter sind aktiv und geben im Gegensatz zu den niederländischen Richtern häufig sowohl schriftlich als auch in der mündlichen Verhandlung ihre Meinung zu dem Fall kund. Sie werden den Parteien auch Vorschläge bezüglich des Inhalts eines Vergleichs unterbreiten. Ein Vergleich kann in ein Protokoll aufgenommen werden.

Rechtsbehelfe

Wenn Sie gegen ein Urteil des Amtsgerichts Berufung einlegen wollen, ist das Landgericht zuständig. Revision kann beim Oberlandesgericht eingelegt werden. Das Oberlandesgericht ist vergleichbar mit dem Gerechtshof in den Niederlanden.

Wenn Sie gegen ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Berufung einlegen wollen, ist das Oberlandesgericht zuständig. Revision kann beim Bundesgerichtshof eingelegt werden. Der Bundesgerichtshof ist vergleichbar mit dem Hoge Raad in den Niederlanden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Urteils. In den Niederlanden beträgt die Berufungsfrist in normalen Klageverfahren drei Monate ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils.

Mahnverfahren – Forderungseinzug

Das deutsche Verfahrensrecht kennt ein einfaches Verfahren für unbestrittene Geldforderungen: das sog. Mahnverfahren. Das Verfahren wird häufig zur Eintreibung von Forderungen eingesetzt. Das Mahngericht, ein Amtsgericht, ist zuständig. Als Gläubiger brauchen Sie nur die Forderung zu erheben; Sie brauchen diese nicht zu begründen. Das Gericht prüft die Rechtmäßigkeit der Forderung nicht. Der Schuldner erhält einen sog. Mahnbescheid und nimmt damit das gegen ihn eingeleitete Mahnverfahren zur Kenntnis.

Gegen den Mahnbescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt Widerspruch eingelegt werden. Das Mahnverfahren wird dann zu einem normalen Verfahren, in dem der Gläubiger die Forderung begründen muss und der Schuldner sich verteidigen kann.

Nach Ablauf der Widerspruchsfrist kann ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Auch diesem kann innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt widersprochen werden, und zwar mit dem sog. „Einspruch“. Das Mahnverfahren wird dann ebenfalls zu einem normalen Verfahren.

Die Gerichtsgebühren für ein Mahnverfahren sind niedriger als für normale Verfahren.

Es gibt ein europäisches Pendant zum Mahnverfahren, nämlich das Verfahren zum Europäischen Zahlungsbefehl, der in allen EU-Ländern beantragt werden kann.

Urkundenprozess

Ein Urkundenprozess ist ein vereinfachtes normales Verfahren, das in Fällen angewendet werden kann, in denen Beweise durch schriftliche Dokumente erbracht werden können. Zeugen und Sachverständige werden nicht benötigt.

Eilverfahren

Ein Eilverfahren ist ein dringliches Verfahren, in dem Sie einseitig beim Gericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen können. Das Gericht kann beschließen, die Gegenpartei nicht anzuhören. Das Eilverfahren unterscheidet sich damit vom niederländischen kort geding. Der Zweck eines Eilverfahrens ist es, unumkehrbare Benachteiligungen zu verhindern.

Ein sog. Arrestverfahren ist ein Eilverfahren für vorläufige und vorsorgliche Maßnahmen und ähnelt daher dem verzoekschriftprocedure, das in den Niederlanden für einen Sicherungsarrest (conservatoir (bewarend) beslag) durchgeführt werden kann. Die Anforderungen, die im Rahmen dieses Verfahrens gestellt werden, sind jedoch wesentlich strenger als in den Niederlanden. Daher wird es in der Praxis kaum verwendet. Auf der Grundlage der Europäischen Kontenpfändung kann jedoch überall in der Europäischen Union, also auch in Deutschland, eine einfache vorläufige Pfändung eines Bankkontos eines Schuldners vorgenommen werden.

Mit einer einstweiligen Verfügung kann bisweilen das gleiche Ergebnis wie mit einer vorläufigen Kontenpfändung erzielt werden, indem der anderen Partei bestimmte Verbote auferlegt werden (z.B. ein Verkaufsverbot für Produkte).

Anerkennung und Vollstreckung

Wenn Sie ein deutsches Urteil in den Niederlanden oder in Deutschland vollstrecken wollen, müssen Sie zunächst eine besondere Ausfertigung beim Gericht beantragen, eine sog. vollstreckbare Ausfertigung. Das Urteil enthält keinen Kostenbeschluss. Dieser muss separat zusammen mit der vollstreckbaren Ausfertigung beantragt werden.

Deutsche Urteile werden in den Niederlanden anerkannt und können vom niederländischen Gerichtsvollzieher nach Zustellung ohne weiteres Verfahren vollstreckt werden. Der niederländische Gerichtsvollzieher benötigt dazu eine Reihe von Dokumenten:

  • das Urteil;
  • eine niederländische Übersetzung des Urteils;
  • eine europäische Bescheinigung (sog. Artikel 53-Bescheinigung), die beim deutschen Gericht angefordert werden kann; und
  • eine niederländische Übersetzung dieser Bescheinigung.

Für den Rest des Vollstreckungsverfahrens gilt niederländisches Recht.

Die Vollstreckung deutscher Urteile erfolgt in Deutschland nach der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher oder durch das Vollstreckungsgericht. Der Gerichtsvollzieher ist für die Pfändung beweglicher Sachen zuständig. Das Gericht ist für die Pfändung von Forderungen, unbeweglichen Sachen oder sonstigen Vermögenswerten zuständig.

Die Vollstreckung eines Urteils ist in Deutschland kostengünstiger als in den Niederlanden. Die Vollstreckung dauert allerdings länger. Deutsche Gerichtsvollzieher und Richter sind Beamte. Gerichtsvollzieher in den Niederlanden sind gewerblich tätig.

Wenn Sie nicht wissen, auf welche Vermögenswerte des Schuldners Sie zugreifen können, stehen Ihnen im deutschen Recht eine Reihe hilfreicher Instrumente zur Verfügung.

  • Sie können eine sog. Vermögensauskunft beantragen. Der deutsche Schuldner muss unter Androhung einer Freiheitsstrafe unter Eid erklären, über welches Vermögen er verfügt. Das Ergebnis dieser Vermögensauskunft wird in einer Datenbank gespeichert.
  • Informationen über Gesellschaften finden Sie im Handelsregister der deutschen Industrie- und Handelskammer.
  • Im Grundbuch finden Sie Informationen über unbewegliche Sachen und beschränkte dingliche Rechte.
  • Im Bundesanzeiger können Sie veröffentlichte Jahresabschlüsse von Gesellschaften finden.
  • Das Creditreform-Register (gewerblich) enthält Informationen über die Kreditwürdigkeit von Schuldnern.
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