Für Unternehmer sind es harte Zeiten. Während die mit Corona verbundenen Hindernisse überwunden sind, wird der Markt jetzt nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem militärischen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine mit steigenden Preisen konfrontiert. Früher erschien auf unserer Seite bereits ein Artikel, in dem wir Unternehmern empfohlen hatten, nicht zu lange warten. Immer häufiger fragen uns Unternehmer nach Möglichkeiten, vertragliche Änderungen durchzuführen, um so die Veränderungen am Markt antizipieren zu können. In diesem Artikel geben wir daher eine Übersicht über die rechtlichen Möglichkeiten und Kernfragen.
Der Vertrag im Allgemeinen
Der Inhalt eines Vertrages wird grundsätzlich von dem bestimmt, was die Parteien gemeinsam vereinbaren. Was damit gemeint ist und inwieweit eine Abweichung oder Anpassung des Vertrages möglich ist, muss anhand der Auslegung eines Vertrages und der Absicht der Parteien beurteilt werden. In einigen Situationen kann sich eine Vertragspartei auch auf einen gesetzlich verankerten Schutz, wie unvorhergesehene Umstände (Artikel 2:258 BW), oder auf die zusätzliche Wirkung von Treu und Glauben (Artikel 2:248 BW) berufen.
Vertragliche (Preis-)Änderungen
In der Praxis stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten bestehen und ob ein Vorschlag zur Erhöhung angenommen werden muss. Das kommt immer darauf an.
Unvorhergesehene Preiserhöhungen, die während der Vertragsausführung auftreten, sind ein Problem. Durch höhere Preise können nämlich die Margen für Produkte deutlich sinken. Das, was zwischen den Parteien im Vertrag vereinbart wurde, ist maßgeblich. Wenn der Vertrag eine Möglichkeit für eine Preisänderung bietet, kann eine entsprechende Umsetzung grundsätzlich erfolgen. Steht eine solche Klausel in dem bestehenden Vertrag, empfehlen wir, gemeinsam mit den Abnehmern zu prüfen, ob und wie diese Klausel in Anspruch genommen werden kann.
Wurde keine solche Klausel vereinbart, gilt als Ausgangspunkt, dass ein bestehender Vertrag nicht ohne weiteres geändert werden kann. In dieser Situation ist möglicherweise eine Berufung auf unvorhergesehene Umstände angezeigt (Artikel 6:258 niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch [Burgerlijk Wetboek / BW]). Derartige unvorhergesehene Umstände können dazu führen, dass von einer Vertragspartei eine unveränderte Fortführung des Vertrages nicht verlangt werden kann. Die Umstände müssen dann allerdings von der Art sein, dass der Vertragspartner nach Treu und Glauben eine unveränderte Aufrechterhaltung des Vertrages nicht erwarten darf.
Die wechselseitigen vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien werden nicht nur durch die schriftlichen Vereinbarungen, sondern auch durch den Grundsatz von Treu und Glauben (Artikel 2:248 BW) bestimmt. Der Grundsatz von Treu und Glauben ergänzt den Inhalt der Vereinbarungen.
Was ist beim Abschluss (neuer) Verträge zu beachten?
Beim Abschluss eines neuen Vertrages kann die Gefahr von Preiserhöhungen vor dem Hintergrund der aktuellen Situation als bekannt angesehen werden. Somit können Preiserhöhungen später nicht als unvorhergesehener Umstand geltend gemacht werden. Deshalb sollten Sie in neue Verträge eine Option für Preiserhöhungen aufnehmen, z. B., indem Sie keine festen Preisvereinbarungen treffen. Zudem können Sie in Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen, dass kostenerhöhende Umstände über den Preis weitergegeben werden können. Ferner ist es ratsam, eine Klausel aufzunehmen, welche die Möglichkeit der regelmäßigen Überprüfung der Preise bietet. Dann können die Preise an den Markt angepasst werden. Wenn Sie hingegen nicht mit zwischenzeitlichen Preiserhöhungen konfrontiert werden möchten, ist es wichtig, beim Abschluss oder bei der Verlängerung eines Vertrages diese Änderungsmöglichkeit nicht aufzunehmen.
Schließlich empfehlen wir, in Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen keine Vertragsstrafenklauseln mehr aufzunehmen. Angesichts der Unsicherheit der Situation in der Ukraine und deren Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft ist nicht auszuschließen, dass Sie als Unternehmer irgendwann mit Lieferengpässen oder längeren Lieferzeiten zu tun haben werden. Unter diesen Umständen sind Klauseln über Vertragsstrafen bei verspäteter Lieferung oder vorzeitiger Beendigung eines bestehenden Vertrags nicht sinnvoll. Sorgen Sie außerdem dafür, dass vertraglich geregelt ist, ob Engpässe aufgrund von Ausfuhrbeschränkungen als höhere Gewalt zu bewerten sind.
Weitere Informationen
Haben Sie Fragen oder wünschen weitere Informationen zu den vertraglichen (Un-)Möglichkeiten im Sektor Food & Agri? Wenden Sie sich dann bitt an Merel Lentjes oder einen der anderen Anwälte aus dem Team Food & Agri bzw. gewerbliche Verträge.